18.04.2024, 06:00
Warum werden Transfers so früh verkündet?
Nun ist es raus: Juri Knorr wird die Rhein-Neckar Löwen 2025 verlassen. Erst 2025? Ja, richtig gelesen. So verständlich der Wechsel auch ist, offenbart er mal wieder ein großes Problem des Handballs.
Ein Kommentar von Sebastian Mühlenhof
Nach tagelanger Hängepartie hat sein Verein am Dienstag für Klarheit gesorgt: Juri Knorr will die Rhein-Neckar Löwen im Sommer 2025 verlassen.
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Seit dem Bekanntwerden des Transfergerüchts erhielt Knorr viel Zuspruch von zahlreichen Experten. Auch ich habe an selber Stelle bereits viel Verständnis für den Wunsch des Regisseurs geäußert.
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Doch bei allem Verständnis offenbart der bevorstehende Abschied einmal mehr, dass der Sport ein Problem hat. So ist der Männer-Handball der einzige Sport auf der gesamten Welt, bei der Spieler oder Vereine regelmäßig mit über einem Jahr im Voraus Transfers verkünden. Eine Tatsache, die dem Sport wehtut.
Solche Wechsel wie die von Knorr passieren zu häufig. Niklas Landin, Magnus Röd, Sander Sagosen, Gonzalo Perez de Vargas, Lukas Zerbe - die Liste an Namen derer, die Jahre vorher ihren Abschied ankündigen, ist lang.
Ivan Martinovic hat diese Praktik auf die Spitze geschrieben. Im Sommer 2022 wechselte er zur MT Melsungen. Nur acht Monate später verkündete er bereits seinen Abschied - aber nicht für die anstehende Saison, sondern erst für 2024.
Da stellt sich dem neutralen Beobachter die Frage: Wenn der Kroate doch so unzufrieden mit der MT ist, warum wechselt er nicht sofort? Schließlich bewegen sich beide Teams auf einem ähnlichen sportlichen Niveau. In Mannheim hätte er sogar in Europa gespielt, was nach dieser Saison wohl nicht der Fall sein wird.
Bei Nachfragen zu den früh verkündeten Wechseln wird gerne auf die langfristige Planbarkeit verwiesen. "Weitsichtig" nennt HBL-Boss Frank Bohmann diese Transfers, auch Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann schildert, dass es "gang und gäbe ist, möglichst früh dran zu sein".
Doch dabei werden gerne einige Sache vergessen. Schließlich könnte man argumentieren, dass die Klubs die Katze im Sack kaufen. Sie wissen nicht, wie gut Spieler in anderthalb oder zwei Jahren sein werden. Leistungsdellen können dabei ebenso eine Rolle spielen wie schwere Verletzungen.
Ein aktuelles Beispiel ist Perez de Vargas, der ab 2025 das Tor des THW Kiel hüten soll. Der Spanier wird dann 35 Jahre alt sein. Da ist es fraglich, ob er noch in Top-Form ist. In dieser Spielzeit hat er bereits ungewohnte Schwächen gezeigt und seinen Platz an Emil Nielsen verloren.
Das ist beileibe nicht alles. In den Zeiten zwischen Saisonende und -beginn verschwindet der Sport komplett von der medialen Bildfläche. Zwar begleiten die lokalen Medien die Teams in der Vorbereitung, doch eine überregionale Präsenz sucht man vergebens.
Stattdessen beschäftigen sich die Agenturen mit anderen Mannschaftssportarten wie Fußball, Eishockey oder Basketball. Der Grund: Die Teams befinden sich noch mitten in der Kaderplanung, während die HBL sich heimlich, still und leise auf die Saison vorbereitet. Eine Gerüchteküche um den Handball-Transfermarkt gibt es in dieser Phase kaum.
Dazu erklärt THW-Chef Viktor Szilagyi, dass bei einem vorzeitigen Wechsel "die Ablösesummen und Beraterhonorare" das Gehalt mindern würden. Dementsprechend würden die Profis lieber am Vertragsende wechseln. Und darum warten viele Vereine, bis der Vertrag des gewünschten Spielers ausläuft, machen aber schon vorher alles mit ihm klar.
Dabei könnten die Klubs selbst mit einem deutlich aktiveren Transfermarkt im Sommer mehr Geld generieren. Schließlich bietet eine ganzjährige mediale Sichtbarkeit einen deutlich höheren Sponsorenwert. Das Geld könnte dann für Ablöse, Gehalt und Honorare genutzt werden.
Was möglich ist, zeigt der Blick auf den Branchenprimus Fußball, wo Transfergerüchte mittlerweile zur ganzjährigen Berichterstattung zählen. Zwar muss man sich nicht auf dem teils perversen Niveau des Fußballs bewegen, doch sich etwas vom Milliardengeschäft abzuschauen, ist keineswegs verboten.
Sebastian Mühlenhof